.

Gerhard Dahl, Titisee-Neustadt
      Telefonkonzerne und ihre Lobby sind Meister
      im Ausschlachten der Kosten- und Abofallen  

Inhaltsverzeichnis
Gewünschtes Kapitel bitte hierunter anklicken

  1. Einleitung
  2. Grundverschiedene Varianten des Vertriebs von Kleinstprogrammen
  3. Kostenfallen gedeihen nur in der Regie und unter den Drohpoten-zialen der Telefonkonzerne
  4. Rechts- und Vertragsverstöße mancher Telefonkonzerne ziehen unser Recht in Mitleidenschaft
  5. Das geschundene und 'zerklüftete' Recht im Mobilfunksektor
  6. Arbeitsspuren und Erfolge der Telefon-Lobby im Mobilfunk­bereich
  7. Das Strafrecht und die Beihilfe zum Betrug
  8. Ein vom Gesetz stark verzerrter Wettbewerb beim Vertrieb der Kleinstprogramme als Nähr- boden für 'Schmuddelecken'
  9. Das Verhindern von Kostenfallen obliegt dem Wettbewerbsrecht
  10. Der Gesetzgeber belässt es bisher beim bloßen Eindämmen der Kosten- und Abofallen
  11. Gesetzesvorschlag, um Anreize
    für ein Tricksen zum Versiegen
    zu bringen
  12. Anhang 1: Wie befreie ich mich aus einer Kostenfalle, wenn ich mir ziemlich sicher bin, willentlich keinen Bestell-Button des Dienst-leisters angeklickt zu haben?
  13. Anhang 2: Die zwei Varianten der Kosten- und Abofallen
  14. Impressum   Datenschutz

2   Kostenfallen gedeihen nur in der Regie und unter
P   den Drohpotenzialen der Telefonkonzerne


2.1  Wie lange wird das kostenfallen-resistente Inkasso-Konzept der Zahlungs-
   mittler hinter dem kostenfallen-anfälligen Konzept des Forderungskaufs des
   Telefonanbieterszurückstehen?
2.2  Die vorerst günstigen Bedingungen für den munteren Teufelskreis der
    Kundenabzocke durch Mobilfunkanbieter
2.3  Die einzigartigen Druckmittel und anderes Drohpotenzial, das Telefon-
    anbietern zur Einschüchterung zur Verfügung steht
     2.3.1   Die vorübergehende AnschlussSperre im Mobilfunk (privilegiert)
     2.3.2   Die fristlose endgültige Anschlusskündigung (privilegiert)
     2.3.3   Der Schufa-Eintrag
     2.3.4   Drohung mit Lohn- oder Bankkontopfändung
     2.3.5   Vorwurf unehrlichen Verhaltens beim Bestellen
     2.3.6   Vorwurf fahrlässigen Verhaltens beim Bestellen
     2.3.7   Drohung mit Kostenverteuerungen
     2.3.8   Verunsicherg des Kunden durch irreführende Rechtsbehauptungen

2.1   Wie lange wird das kostenfallen-resistente  Inkasso-Konzept
   der Zahlungsmittler hinter dem kostenfallen-anfälligen Kon-
   zept des Forderungskaufs des Tel-anbieters zurückstehen?

Am Mobilfunkmarkt mit Kleinstprogrammen ist bislang nichts von einem Wettbewerb zwischen Zahlungsmittlern und Telefonanbietern zu sehen. Und doch könnte es heute nur eine Frage der Zeit sein, bis ein Konkurrieren beider am Inkassogeschäft interessierten Dienstleister zu beobachten sein wird. Um den eigentlichen Grund für die gegenwärtige Chancenlosigkeit der Zahlungsmittler zu erkennen, muss man sich die besondere Eigenart des Geschäfts mit Kleinstprogrammen vergegenwärtigen.

    Geringe Prüfbereitschaft der Kunden

Die extreme Niedrigkeit des Preisniveaus der Kleinstprogramme fällt zwar als erstes ins Auge. Mit ihr und dem Phänomen des schwer zu realisierenden Einzugs der Entgelte für Kleinstprogramme haben wir uns ja schon im Kapitel 1.1 näher befasst. Doch diese Eigenart selbst ist nicht der eigentliche Grund für die Überlegenheit des Forderungskauf-Konzepts der Telefonanbieter. Vielmehr ist es die aus den niedrigen Preisen für Kleinstprogramme sich ergebende geringe Bereitschaft der mobilen Kunden, ihre abgeschlossenen Bestellungen der Kleinstprogramme auf Korrektheit zu prüfen. Genau diese geringe Prüfbereitschaft bildet bislang auch die (verborgene) Chance für die wirtschaftliche Überlegenheit des von den Telefonanbietern praktizierten Konzepts des Forderungs­kaufs.

Bei normaler Prüfbereitschaft der Kunden hätte sich das Forderungskauf-Konzept der Telefonanbieter nicht mehr "besser gerechnet" als das Inkasso-Konzept. Wir bemerken bei höherem Preisniveau die bekannte Erscheinung des Spar- und Schnäppchendenkens der Nutzer. Die überwiegend jungen Kunden würden eine gewisse Sorgfalt darauf verwenden, die Solidität ihres Bestellgeschäfts zu erfragen. Sie würden es nicht einfach dem Inhalteanbieter überlassen, ob, wie und wann er ihnen die Bestellbestätigung oder Kaufrechnung per E-Mail zusendet. Die Abwicklung des Geschäfts hätten sie nicht "schleifen" lassen, sondern anhand einer frühzeitig vorliegenden Bestellbestätigung die Richtigkeit und Solidität des Bestellvorgangs kritisch zu prüfen gewünscht.

    Trickreiche Prüferschwernisse

Dieselbe Wirkung auf das Verhalten der mobilen Kunden, wie es ein hohes Preisniveau besitzt, geht nun allerdings auch von einer unbeschwerten Prüfmöglichkeit erlangter Bestelldaten aus. Wer am Markt der Telefonkonzepte die Überlegenheit des (kostenfallen-anfälligen) Konzepts des Forderungskaufs über das (kostenfallen-resistente) Inkassokonzept der freien Zahlungsmittler beseitigen will, braucht nur die trickreichen Gesetzesbedingungen zu beseitigen, die den mobilen Kunden das Prüfen der Bestellgeschäfte erschweren. Wir wollen uns daher kurz die Auswirkungen näher vor Augen führen, welche Veränderungen einträten, wenn mobile Kunden alle wünschbaren Prüfmöglichkeiten vorfänden, so dass sich damit auch ihre Prüfbereitschaft wieder auf ein normale Niveau einpendelte.

Das Beseitigen der beim Kunden bislang ringsum angelegten "Prüferschwernisse" hätte bereits genügt, um die heutige Strategie von Inhalteanbieter und Telefonanbieter, die Forderungsabbuchung möglichst kommunikationsarm, nämlich "geräuschlos" über die Bühne zu bringen, ineffektiv werden zu lassen und zu Fall zu bringen. Und da der Inhalteanbieter selbst über keine Bank-Abbuchungs­ermäch­tigung des Kunden verfügt (für eine Einmalbestellung macht man keine solche Ermächtigung), und er, wie wir wissen, irgendeinen Zahlungsmittler engagieren muss, hätte er nun ohne eigenen Nachteil dem Kunden die Wahl zwischen freien Zahlungsmittlern (PayPal, Paydirekt usw.) und dem Telefonanbieter lassen können. Eine Kooperation von Inhalteanbieter und Telefonanbieter, wie sie heute praktiziert wird, hätte bei kritisch prüfenden Kunden keinen besseren Sinn ergeben als das Einschalten eines reinen Zahlungsmittlers.

Und auch ohne eine vom Kunden verhängte "Drittanbietersperre" wäre es dem Telefonanbieter dann praktisch nicht gelungen, den nunmehr von Anfang an informierten Kunden von nötigen Einwendungen gegen dubiose Entgeltforderungen und von Widerrufen bei Bankabbuchungen abzuhalten. Im Gegenteil: Die Telefonanbieter hätten sogar die Praxis der Zahlungsmittler übernehmen müssen, ebenfalls eine oft vorbildliche Auflistung aller Rechnungsdaten dem Kunden unaufgefordert zu liefern, um mit den Zahlungsmittlern mitzuhalten.

    Die Krux mit dem Verbergen von Daten

Die heutige "Stärke" der Telefonanbieter, Kunden zum Einlenken zu bringen, um sie vom Mäkeln und Erheben von Einwendungen abzuhalten, kann sich nur bei behinderter Prüfmöglichkeit der Kunden entwickeln, würde aber in sich zusammenfallen, wenn es Telefonanbietern verwehrt wäre, prüfwürdige Daten des Bestellgeschäfts in Kooperation mit dem Inhalteanbieter zu verbergen. Wenn der mobile Kunde alle nötigen Informationen bereits zeitnah, also von Anfang an erhielte, gäbe es kein Problem der Wiedererkennung einer gemachten Bestellung. Der Kunde wäre dadurch weitgehend gewappnet gegen Manipulationsversuche des Inhalteanbieters. Er fühlte sich von Anfang an in einer rechtlich sicheren Position und nicht in der heutigen Lage eines Bittstellers, der von einem Konzern "auf hohem Ross" Informationen nachträglich erbitten muss - eine missliche Situation, die aber von der geltenden Gesetzeslage geradezu gewollt ist.

Die niedrige Preislage der Kleinstprogramme hat, wie dargestellt, zur Folge, dass die bestellenden Kunden den eingegangenen Zahlungsverpflichtungen überwiegend eine minimale Aufmerksamkeit schenken, diese also nicht besonders ernst nehmen. Der ganze Bestellvorgang verschwindet für sie ziemlich schnell und früh aus ihrem Bewusstsein. – Die beobachtbare Vertrauensseligkeit der Kunden leitet sich möglicherweise auch aus der irrigen Vorstellung her: Was einem selbst wegen seiner Winzigkeit nur Randbedeutung hat, kann auch bei Unternehmen, die den Forderungseinzug betreiben, kein Anlass für vorteilshaschendes Taktieren sein. Verbraucher mutmaßen anscheinend, dass mechanische Abläufe nur von Zwängen der technischen Routine gesteuert werden. - Doch diese Vorstellung trügt.

Anders als bei Zahlungsmittlern erschließen sich bei Telefonkonzernen, wie sich allgemein anhand des Geschäftsgebarens zeigen lässt, aus dem wahrhaft massenhaften Anfall der Kleinstentgelte üppige Gewinne Kaufleute wissen, dass nirgend besser verdient wird als dort, wo Kunden sich nicht mit dem Preisaushandeln aufhalten, sondern zahlen, was verlangt wird. – Im Übrigen setzt ein Forderungseinzug kein besonderes Können voraus, so dass
nur relativ geringe Personalkosten bei Telefonanbietern anfallen.
 
. Diese stellen neben den Erlösen aus den Gesprächsverbindungen Jemand nannte die Erlöse aus den Gesprächsverbindungen das 'Trockenbrot' der Telefonbetreiber. eine nur wenig kostenträchtige, daher umso wichtigere Einnahmequelle dar. Es ist gut nachvollziehbar, dass je mehr die Inhalteanbieter und Telefonanbieter dem Kunden nötige Informationen vorenthalten, desto bessere Gelegenheiten ihnen entstehen, die Erinnerungs- und Beweisschwächen der Kunden auszunutzen. Oft dürften Kunden große Probleme haben, sich nach vielen Wochen noch mit ausreichender Sicherheit an Bestellbedingungen zu erinnern Zu Recht spricht der Beck'sche TKG-Kommentar
Geppert/Schütz zu § 45h Rn 27 davon, dass bei
der gesetzlichen Benennung eines Vorgangs
"der grundsätzliche Wiedererkennungseffekt"
gewährleistet werden sollte.
. Sie können oft nicht mit Sicherheit ausschließen, dass ein ihnen mit auf die Telefonrechnung gesetzter Posten für ein Kleinstprogramm überhaupt von ihnen willentlich bestellt worden ist oder ob es sich nicht etwa nur um absichtslose kurze Berührungen auf dem gelegentlich störrischen Handy gehandelt hat, um dieses wieder zum Reagieren zu bringen, Berührungen, denen subjektiv kein Erklärungsbewustsein zugeordnet werden kann.

    Vertrauensseligkeit der mobilen Kunden

Offensichtlich haben es Telefonanbieter zielstrebig genau darauf angelegt, die typischen Schwächen ihrer Kunden akribisch auszunutzen, um zu Sondererträgen zu kommen, mit deren Hilfe sie überhaupt erst in der Lage sind, sich gegen ihre Konkurrenz am Markt beim mörderischen Kampf um Marktanteile zu behaupten. Es gibt ständig Newcomer, die noch in den Mobilfunkmarkt drängen. – Und diese Schwächen, denen Mobilfunkanbieter auflauern, zeigen sich besonders bei jungen Menschen, für die z. B. Handydesign, Handyausstattung und gespeicherte Programme wichtige Elemente ihrer Selbstdarstellung sind. Sie entscheiden sich dann ganz spontan für Kleinstprogramme, die ihnen momentane Wünsche befriedigen, agieren aber eben oft nur flüchtig und wie im Vorbeigehen. Unbekümmertheit, Sprunghaftigkeit, wechselnde Konzentration, aber auch Gutgläubigkeit und Vertrauens­seligkeit sind typischerweise bei Jugendlichen anzutreffen .

    Freien Zahlungsmittlern fehlen die Abzockmöglichkeiten

Was Telefonanbietern im Fall dubioser Entgeltforderungen heute wie ein warmer Regen nicht ungelegen kommt, können freie Zahlungsmittler nicht gleichfalls für sich zum eigenen Vorteil auffangen. Da Zahlungsmittler keine Mobilfunklizenzen vergeben und daher, selbst wenn sie es wollten, mit keinem Drohpotenzial ("AnschlussSperre") wie die Telefonanbieter hantieren und Kunden einschüchtern können, bleiben ihnen keine der Strategien Wie Mobilfunkanbieter bei Kunden z. B. das Einrichten des für sie taktisch wichtigen SEPA-Lastschriftmandats ohne Beachtung entgegenstehender Kundenwünsche durchsetzen, liest man etwa bei der Telekom unter 'Häufige Fragen' zum Thema 'Bezahlung und Bankeinzug': "Nutzen Sie im Festnetz oder Mobilfunk einen Tarif mit Telefonie und Internet? Dann ist das SEPA-Lastschriftmandat Voraussetzung bei Vertragsabschluss."
– Auch das Beibehalten versendeter Papierrechnungen und das Inrechnungstellen von Versandkosten wird selten angeboten, da Rechnungstransparenz die Prüf­bereitschaft des Kunden zum Nachteil des Telefonanbieters verbessert.
 
, über die nun einmal nur die Telefonanbieter von Gesetzes wegen und dank ihrer Telefonlobby verfügen. Zahlungsmittler können mangels Lizenzvergabe keine Kostenfallen aufstellen.

    Fazit – Nur eine erhebliche Mitwirkung freier Zahlungsmittler am Mobil-
    funkmarkt gibt Kunden ihre wettbewerbliche Entscheidungsfreiheit zurück

Anders als freie Zahlungsmittler können nur die Telefonanbieter in Kooperation mit Inhalteanbietern hinter dem Rücken ihrer Kunden agieren, Informationen verbergen, Kunden desinformieren, einschüchtern und abzocken. Solange Inhalteanbieter zögern, den Kunden bei eingerichteter "Dritt­anbieter­sperre" inkassowillige Zahlungsmittler anzubieten ... vielleicht um es sich nicht mit Telefonanbietern
 zu verderben ...
und solange Kunden zögern, mangels solches Zahlungsmittler-Angebots eine "Dritt­anbieter­sperre" einzurichten, weil sie fehlinformiert meinen, dann notgedrungen auf etliche wichtige VorteileMobile Verbraucher schätzen z.B. die Teilnahmemöglichkeit am Bezahlen von Tickets des Öffentlichen Nahver­kehrs, am Bezahlen von Parktickets, Konzertbilletts, Zeitschriftenaufsätzen, Brief-Postwertzeichen, am Bezahlen von bundesweiter Taxi-dienste-Kurzwahl, an Nachrichtendiensten, aber auch an ver­einfachten Spendenabbuchungen, an einem "Voting", also an kostenpflichtigen Televoting-Diensten im dt. Fernsehen bei Abstimmungen, Meinungsumfragen, oder an Gewinnspielen usw.
 
seriöser Kleinstprogramme verzichten zu müssen, solange ziehen Inhalteanbieter und Telefon­anbieter es vor, lieber stramme Vorteile im Abzockergeschäft mit vertrauens­selig-vergesslichen Kunden zu machen, als in einem soliden Alltag mit mäßigen Gewinnen aufzugehen. – Die "Drittanbietersperre" aber scheint sich bislang als das zu entpuppen, als was die Telefonlobby sie wohl von Beginn an eingeschätzt hat:  als Handhabe für Überängstliche.

2.2   Die vorerst günstigen Bedingungen für den munteren
   Teufelskreis der Kundenabzocke durch Mobilfunkanbieter

Die nur flüchtige Befassung des Kunden mit dem gewählten Zahlungsweg hat, wie wir sahen, bezeichnende Folgen. Der Telefonanbieter, da er nur vom Inhalteanbieter, aber nicht vom Kunden beauftragt ist, setzt das Entgelt dem Betroffenen ohne Rückfrage, ohne erteilte Zustimmung und ohne Avis mit auf die SEPA-Lastschriftabbuchung, als handelte es sich nicht um den eigenen Dauerkunden. Der Zahlungsvorgang läuft also für den Kunden "lautlos" ab - aber riskant, da er jetzt nicht gegen Kostenfallen abgeschirmt ist, die ihm in Form getrickster Rechnungen auflauern können. Es fehlt dem Kunden die Möglichkeit der frühzeitigen Rechnungsprüfung, die der Zahlungsmittler, anders als der Telefonanbieter, kraft seiner Beauftragung durch den Kunden stets möglich macht und unterstützt. Kostenfallen sind in der Tat ein Phänomen, das allein mit dem Geschäftsmodell und dem Arbeitsmotiv der Mobilfunkanbieter steht und fällt.

Nachdem heute das SEPA-Lastschriftmandat stets Voraussetzung für das Begleichen von Gebührenrechnungen internetfähiger Mobilfunkanschüsse ist und Telefonanbieter es mit Vorbedacht unterlassen, ausreichende Inhaltsangaben zu Separatforderungen mit auf die Online-Rechnung der E-Mail-Benachrichtigung zu setzen, sind Zahlungsvorgänge für den Kunden außer Sichtweite gerückt. Der Kunde mutet es sich verständlicherweise nicht zu, in zeitraubender Weise monatlich online in das "Kundencenter" seines Telefonanbieter vorzudringen, um dem Verdacht nachzugehen, es könnte vielleicht eine Luftbuchung oder eine zwielichtige Position ihren Weg in die Rechnung auf seinem "account" gefunden haben.

Gerade weil sich auch bei Kleinstprogrammen der ganze Zahlungsvorgang nicht mehr vor den Augen des Kunden abspielt, ist nun die Versuchung für Inhalteanbieter und Telefonanbieter groß, getrickste Beispiel: Der bloße Klick des mobilen Kunden auf eine Werbe-  anzeige wird zu einer angeblich abgegebenen Bestellung um-  frisiert.  Oder: Das zwielichtige Dokument umfasst auch die angebliche Kundeneinwilligung in eine Abo-Bestellung oder den weiteren Nachweis der verbindlichen Einwilligung des Kunden in den Widerrufsverzicht wegen des frühen Beginns von Leistung und Gegenleistung. oder erfundene Entgeltforderungen unauffällig in den Zahlungskanal einzuleiten bzw. durch den Inhalteanbieter einleiten zu lassen. So lässt die Unsichtbarkeit des Zahlungsverlaufs dessen statistische Entdeckungs-wahrscheinlichkeit Der Prozentsatz an Kunden, die wegen eines ohne Erläuterung zur Monatsrechnung hinzugebuchten unerklärlichen Klein­betrags um Aufklärung beim Telefonanbieter nachsuchen würden, ist vermutlich ziemlich gering, vielleicht nur 10 % – man könnte von einem "Erfahrungssatz" sprechen und ihn mit in die juristische Kategorie der "Natur der Sache" einreihen. durch den Kunden stark absinken. Und auch die Mechanisierung der Gebührenermittlung beim Telefonanbieter wiegt den Kunden in Sicherheit, dass er jedenfalls nicht mit unabsichtlichen Fehlerquellen zu rechnen braucht und daher den Monatsrechnungen eigentlich unbesehen vertrauen kann.

Damit schwindet aber aus ökonomischer Sicht auch das Eigeninteresse des Telefonanbieters, sich und seine Kunden vor Forderungen unsolider Herkunft zu schützen. Kein Telefonanbieter denkt daran, die zahllosen ihm täglich zum Ankauf von den Inhalteanbietern der Kleinprogramme angebotenen Entgeltforderungen daraufhin zu prüfen, ob sie auch rechtlich hieb- und stichfest sind. Wozu auch - die Kleinbeträge werden ohnehin entweder von den Handynutzern gar nicht entdeckt oder wegen der erschwerten Verifizierbarkeit (die knappen Erläuterungen sagen kaum etwas zur Art der Leistung aus) stillschweigend hingenommen, mag sich hinter ihnen auch viel List und Betrug verbergen. Vermutlich kommen auf diese Weise 90 % der in Rechnung gestellten und abgebuchten dubiosen Beträge anstandslos zur Bezahlung.

Das Interesse des Telefonanbieters geht als Käufer einer dubiosen Forderung eher in die entgegengesetzte Richtung, da er am meisten profitiert, wenn er sich bei Entgelt­forderungen nicht weiter um deren Solidität kümmert und es im Ergebnis irgendwie hinbekommt, dass auch dubiose Forderungen zum Nennwert eingelöst werden. Wo immer der Kunde noch mit einer Prüfung und ggf. Beanstandung nachfassen will, werden ihn der Telefonanbieter wie auch der Inhalteanbieter mit zahlreichen Abschottungsmöglichkeiten siehe dazu auch das folgende Kapitel 2.3
 
routinemäßig daran zu hindern wissen. Zum Aufstellen von Kostenfallen bedarf es bei der heutigen Gesetzeslage nur des Zusammengehens von Vertrauensseligkeit beim Kunden und latentem Abzock- und Gaunermotiv beim Telefonanbieter. Im Umgang mit dem Kunden verfolgen Inhalteanbieter und Telefonanbieter die gleichen . . . weshalb man hier auch den Wirtschaftstatbestand
  der ökonomischen Symbiose bejahen muss.
Interessen; denn der Erfolg jeder Seite hängt davon ab, dass keiner von ihnen den Schutz des Kunden im Auge hat.

Wie der Teufelskreis der Kundenabzocke durch die Nutznießer der Kosten- und Abofallen wirksam gestoppt werden kann, erörtere ich abschließend im Kapitel 10. Welche einzigartigen Druckmittel Telefonanbietern zur Verfügung stehen, um ihre Kunden einzuschüchtern und zum Resignieren zu bringen, behandle ich im jetzt folgenden Kapitel 2.3.

2.3    Die einzigartigen Druckmittel und anderes Drohpotenzial, das
     Telefonanbietern zur Einschüchterung zur Verfügung steht

Wenn es Telefonanbietern bis zur Betragsabbuchung vom Bankkonto des Kunden nicht gelungen ist, das Widerstreben ihres Kunden lahmzulegen, so dass der Kunde weiterhin aufbegehrt, beginnt für sie eine zweite Phase, in der sie den vorgebrachten Beanstandungen oder eigenmächtigen Bank-Rückbuchungen ihre wirkungsvolleren Zwangsmittel und Drohpotenziale entgegensetzen. Wer also beurteilen will, wie dramatisch die Schadensfolgen insbesondere bei "zugeschnappten" trickreichen Kostenfallen sein können, muss sich mit der Praxis der Anwendung von Druckmitteln befassen.

Die Drohpotenziale der Telefonanbieter gehören zu ihren wirksamsten "Waffen", die alltäglich Anwendung finden. Ohne sie würden viele Kunden den Kostenfallen unerschrockenen Widerstand entgegensetzen und die Kostenfallen damit erheblich entwerten. Die Drohprivilegien hingegen haben eine erhebliche Einschüchterungs­wirkung. Von "Privilegien" können wir sprechen, weil in Deutschland kein anderer Wirtschaftszweig imstande ist, zur Durchsetzung seiner Interessen Telefonanschlüsse faustpfandartig zu kappen. – Verständlicherweise suchen Telefonanbieter zu verhindern, dass der Kunde überhaupt mit dem Gedanken spielt, nachträglich die schon erfolgte Bankabbuchung zu widerrufenDer Kunde kann die erteilte SEPA-Abbuchungsermächtigung für den Einzelfall während des gesetzlichen 8-Wochen-Zeitraums (§ 675 x Abs.4 BGB) stets noch bei der Bank widerrufen (per 'Erstattungsver­langen'). Zur Vorgehensweise siehe Anhang 1 und damit die vom Telefonanbieter herbeigeführte vorteilhafte "vollendete Tatsache" der Abbuchung durch Rückabwicklung umzustoßen.

Die vorübergehende AnschlussSperre des Mobilfunks und die fristlose endgültige AnschlussKündigung sind zwei extrem wirksame Drohpotenziale, die gesetzlich nur Telefonanbietern zur Verfügung stehen. Ein gewöhnlicher Unternehmer besäße als Gläubiger keine dieser famosen "Daumenschrauben". Telefonanbietern glaubt man diese beiden Druckmittel darum zugestehen zu dürfen, weil sie ihren Dauerkunden faktisch einen nicht unriskanten Ein-Monats-Kredit bis zur Fälligkeit der Monatsrechnung gewähren und daher in der Lage sein müssten, diese finanzielle Schwachstelle möglichst schnell durch Unterbinden weiterer Gesprächsvermittlungen zu schließen. Dieses pauschale Bewerten des geschäftlichen Risikos ignoriert allerdings, dass am Telefon heutzutage auch der unabdingbare Internetzugang hängt. Die hierdurch tangierte vorrangige Daseins-Grundversorgung Näheres im BGH-Urteil vom 24. Januar 2013  III ZR 98/12. darf allerdings nicht zur Disposition von Wirtschaftsteilnehmern gestellt werden.

.

2.3.1     1)  Die vorübergehende AnschlussSperre im Mobilfunk (privilegiert)

Mobile Kunden sind auf ihr Smartphone idR. mehr oder weniger dringend angewiesen, um stets erreichbar zu sein. Da bringt die bloße Mitteilung, dass dem Kunden eine Sperre des Anschlusses droht, fast jeden Kunden gehörig "auf Trab". Welchen Wert haben nun die für den Nutzer vorgesehenen Schutzmöglichkeiten?

a)   Das Telekommunikationsgesetz (TKG) erlaubt in § 45k Absatz 2 die Sperre des Anschlusses nur ab einem Zahlungsrückstand von mindestens 75 Euro und nach Ablauf einer Mahnzeit von zwei Wochen, während der sie dem Nutzer schriftlich angedroht worden sein muss. Doch im Internet wird berichtet, dass der Telefonanbieter sich zuweilen nicht an die 75-Euro-Begrenzung hält. Wenn mit anderen Worten der "brave" Gesetzes-Imperativ vom brutalen Diktat des Wettbewerbs kurzerhand "platt" gemacht wird, steht der Bürger ziemlich schutzlos da.

T-Mobile zeigt sich beispielsweise bislang von der Gesetzeslage nicht so recht beeindruckt und gestattet seinem Vertriebspartner Siga Telecom GmbH, im aktuellen Vertragswortlaut für Privatkunden unter "Zahlungsverzug  9.1" bereits bei einem Zahlungsrückstand von 15,50  € eine >einstweilige AnschlussSperre anzukündigen: "Bei Zahlungsverzug des Kunden ist T-Mobile berechtigt, den Mobilfunk-Anschluss auf Kosten des Kunden zu sperren, wenn die Forderung, mit deren Zahlung der Kunde in Verzug ist, mindestens 15,50 EUR beträgt." Die 75-Euro-Zahlungsverzugs-Untergrenze (§ 45k Absatz 2 Satz 1 TKG) erwähnt der Vertragstext nicht.

b)   Das TKG erlaubt die vorübergehende SIM-Karten-Sperre außerdem nur, wenn die 75 Euro auch dann noch überschritten sind, wenn aus der Rückstandssumme jene vom Telefonanbieter hinzugekauften (separaten) Entgeltforderungen herausgerechnet worden sind, deren Berechtigung der Nutzer (schlüssig begründet) bestritten hat (§ 45k Absatz 2 Satz 3 TKG). Hier wird dem Telefonanbieter gesetzlich zugemutet, bis zur Klärung dieser Separatforderungen auf Zahlungssicherheit zu verzichten.

Auch hier sieht die Praxis zuweilen anders aus. Findet der Telefonanbieter in seinen geschäftlichen Unterlagen gerade keinen schriftlichen Widerspruch gegen die separate Forderung vor, wird nicht lange gefackelt und die Bestimmung des § 45k Abs. 2 Satz 3 des TKG nicht angewendet. Wo kein Kläger, da kein Richter – die Entgeltforderung wird aus dem Rückstand nicht herausgerechnet.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen schreibt im Juli 2016 (im 'Marktwächter'): "Verbraucher berichten, dass (...) teilweise sogar trotz bestrittener Forderungen eine Anschlusssperre angedroht und durchgeführt wird. Verbrauchern wird von mobilcom-debitel die Pistole auf die Brust gesetzt: Entweder sie zahlen den Rechnungsbetrag oder der Telefonanschluss wird gesperrt. Eine Praxis, die wir leider auch bei anderen Telekommunikationsanbietern feststellen". – Offenbar um die Stimmung unter Unternehmern nicht einzutrüben, besteht bei Auswüchsen schon regierungsseitig eine Zurückhaltung gegen ein Eingreifen, insbesondere entfällt das Verhängen von Geldbußen.

c)   Hat der Telefonanbieter wegen unterlassener Zahlungen für hinzugekaufte Separatforderungen eine AnschlussSperre angedroht, so wird mancher Nutzer lieber die Bezahlung der dubiosen Forderung schlucken, als einen unsicheren Rechtsstreit mit dem Telefonanbieter etwa wegen des nötigen Herausrechnens bestrittenerEine Forderung bestreiten bedeutet, sie form- und fristgerecht bestreiten, so wie es meist der Vertrag vorschreibt: "Schrift-liches" Einwenden verlangt einen Brief, "fristgerechtes" Einwen-den kann z.B. binnen acht Wochen erfolgen müssen, später spricht Vieles für eine Genehmigung. Forderungen zu beginnen. Mit dem Rechtsstreit riskiert er womöglich eine längere telefonische Unerreichbarkeit. Da ist ihm das Bezahlen dann das kleinere Übel.

d)   Obwohl das scharfe Recht der einstweiligen AnschlussSperre von Gesetzes wegen nur den  eigentlichen Gesprächsgebühren zugedacht sein kann, da Zahlungsrückstände nur hier kontinuierlich kumulieren können, profitieren Telefonanbieter von dem Drohpotenzial auch bei den singulären fremderworbenen Entgeltforderungen, wenn sie diese so behandeln, als wären sie eben durch die äußerliche Verquickung mit den Gebühren selbst zu fortlaufenden Gebühren geworden. Da der Telefonanbieter die separate Entgeltforderung mit den Telefongebühren vermischt hat, erscheint ein entstandener Zahlungsrückstand formal als Gesprächsgebührenrückstand,  nicht als neutraler Zahlungsrückstand. Der Anbieter wird sich daher formal zum Sperren für befugt erklären. - Ein normaler Gläubiger müsste sich hingegen mit dem gerichtlichen (Mahn-)Verfahren begnügen. Und eigentlich sind auch Telefonanbieter, was ihre gekauften Entgeltforderungen angeht, in materiellrechtlicher Hinsicht allemal nur normale Gläubiger.

e)   Überhaupt hüten sich Telefonanbieter wohlweislich, in ihrem Vertragswortlaut zwischen Forderungen aus Gesprächsgebühren und Forderungen aus gekauften separaten Forderungen zu differenzieren, um sich ein Abweichen vom Gesetz offenzuhalten und das nötige unaufgeforderte Herausrechnen bestrittener fremder Entgelte zu ignorieren (vgl. § 45k Absatz 2 Satz 3 + 4 TKG). Wenn sich allerdings der Telefonanbieter nicht von den gesetzlichen Voraussetzungen der AnschlussSperre beeindrucken lässt, muss der Kunde einen Anwalt auf die Hartnäckigkeit seines Telefonanbieters aufmerksam machen. Der Eile wegen geht es dann um einen Antrag auf Einstweilige Verfügung. Dieser ist bei Anwälten wegen der günstigen Gebühreneinstufung gar nicht einmal unbeliebt.

Im Übrigen beschränkt sich der finanzielle Schaden einer vorübergehenden AnschlussSperre nicht auf den weitgehenden Ausfall des Telefons. Es laufen während der Sperre die "nutzungsunabhängigen Gebühren" weiter.

.

2.3.2     2)  Die fristlose endgültige Anschlusskündigung (privilegiert)

Eine noch weit einschneidendere Maßnahme ist die gegen den mobilen Kunden ausgesprochene fristlose endgültige Kündigung des ganzen Vertrages, die beim Kunden bis zum Abschluss eines neuen Vertrages seinen gesamten Telefonsektor lahmlegen kann, also seinen Mobil- und Festnetzanschluss, "von jetzt auf gleich", ohne Vorankündigung. Um Telefonanbietern diese scharfe Waffe nicht stumpf werden zu lassen, verpflichtet § 45k Absatz 3 TKG den Telefonanbieter nicht zur Herausrechnung der bestrittenen Forderungen, selbst nicht der bestrittenen gekauften Separatforderungen, wie das noch bei § 45k Absatz 2 geschieht. Der mobile Kunde soll damit rechnen, dass gegen ihn ohne Rücksichtnahmen durchgegriffen Bei außerordentlicher Kündigung wegen Zahlungsverzugs
 gibt es von Gesetzes wegen keinen 75-Euro-Mindestrückstand.
 
wird. Zur fristlosen (endgültigen) Kündigung kann es schon kommen, sobald einmal der Zahlungsrückstand wegen gekaufter bestrittener Entgeltforderungen an zwei In Analogie zu § 543 Abs.2 Nr.3a BGB
 (rückständige Zahlungen im Mietrecht).
Fälligkeitszeitpunkten die Höhe der üblichen Monatsgebühren erreicht; denn das zweimalige Offenbleiben der Monatsrechnung kann üblicherweise ein hinreichender Grund für eine nicht zumutbare Vertragsfortsetzung und damit für eine sofort wirksame Vertragskündigungvgl. §§ 626, 314 Bürgerliches Gesetzbuch. – Das TKG stellt sich im § 45k Absatz 3 taub gegenüber der Ungleichheit der zu praktizierenden Gefahrenabwehr bei unterschiedlich schwer-wiegenden Gefährdungslagen: (a) bei dem statistisch wenig wahrscheinlichen endgültigen AusfallVerlust einer einzelnen, plausibel bestrittenen separaten Geldforderung im eher nur zweistelligen Euro-Bereich, im Vergleich mit (b) der schwer­wiegenden Einbuße oder Einschränkung menschlicher Grund­bedürfnisse im Rahmen der unabdingbaren Daseinsvorsorge (Telefon und Internet) für eine gewisse Zeitspanne, bis ein neuer Netzanschluss geschaffen ist. sein.

Wenn der Telefonanbieter schon beim ersten Blick in das Gesetz erkennt, dass sich das Gesetz bei Vertragskündigungen zur Frage, ob bestrittene Forderungen heraus­zurechnen sind, ausschweigt und die Beantwortung damit der Rechtsprechung überlässt, wird er verständlicherweise nicht auf das kundenseitige Bestreiten der Rechtsgültigkeit der Separatforderung eingehen und damit sein hervorragendes Druckmittel nicht aus der Hand geben. Das bedeutet: Auch wenn überhaupt keine monatlichen Gesprächsgebühren neben der offenen fremden Entgeltforderung rückständig sind, kann ein bloßer Rückstand bei den bestrittenen fremden  Entgelt-Forderungen zur fristlosen Kündigung führen, wenn diese der Höhe nach ausreichen und es nur so aussieht, als ob der Telefonanbieter für die Zahlungsverweigerung nicht selbst den Grund gelegt hätte, er also anscheinend nicht selbst die Störung des Vertrauens­verhältnisses durch eigenmächtiges Abbuchen verursacht hätte.

Indem § 45k Abs. 3 TKG den Hinweis auf das Herausrechnen bestrittener fremder Forderungen unterlässt, stellt es fremde Forderungen zunächst in formaler Wertung den Gesprächsgebühren gleich - womit das den Telefonanbietern eingeräumte Privileg der AnschlussSperre sichtlich pervertiert wird. Denn das Privileg rechtfertigt sich allein im Hinblick auf die Schutzwürdigkeit der anbieterseitigen Vorfinanzierung fortlaufender monatlicher Gesprächsgebühren.

Auch bei einer außerordentlichen fristlosen Kündigung bleiben bereits entstandene restliche Monatsraten weiterhin geschuldet. Dagegen hilft natürlich auch nicht ein sofortiger Wechsel des Kunden zu einem Telefonanbieter einer anderen Firma, falls eine Rücknahme der Anbieterkündigung nicht gelingt.

Die nach § 46 TKG mögliche Mitnahme der Mobilfunknummer samt Netzvorwahl zum neuen Anbieter einer anderen Firma gestaltet sich immer wieder als langwierige StolperstreckeMan beachte diese Zusammenhänge: Es ist die befristete monopolartige Bindung an den Telefonanbieter, der die Mobil-funkkunden kraft Lizenzvergabe unterliegen und die sie all die eigenwilligen Gangarten ihrer Anbieter "schlucken" lässt. Da solche Bindung für die Telefonanbieter einen außerordent-lichen Vorteil darstellt, kann man verstehen, dass Telefon­anbieter einen Wechsel des Kunden zu einer anderen Firma keinesfalls erleichtern wollen. D.h. die Erschwernisse des Wechsels festigen die nützliche Kundenbindung. – Die Bundesnetzagentursollte sollte sich hier gefordert sehen., so dass generell von einem spontanen Wechsel unbedingt abzuraten ist.

2.3.3     3)  Der Schufa-Eintrag

Die weiteren noch aufzuzählenden Druckmittel gehören zu den Möglichkeiten, die jedem Gläubiger offenstehen, aber vor allem deshalb als unbillig empfunden werden, weil sie von Telefonanbietern nicht angewendet werden, um einen renitenten Schuldner zum Bezahlen zu bewegen, sondern um beim Schaffen vollendeter Tatsachen einen Vorsprung zu erzielen. Ist die Zahlung bereits abgeflossen, sieht sich der Schuldner in eine andere, für ihn sehr viel ungünstigere Stellung vor Gericht hineingedrängt, nämlich als aktiver Kläger gegen einen Konzern statt als passiver Beklagter.

Wenn man bedenkt, welch fatale Wirkung die "Negativmerkmale" bei der Schufa haben können, die als meist-beanspruchte Wirtschaftsauskunftei die Zahlungsfähigkeit und Zahlungswürdigkeit fast jedes Bürgers zu bewerten sucht, kann man die besondere Wirkung dieses Drohpotenzials auf die Entscheidung des Kunden leicht ermessen; Mobilfunkanbieter zögern nicht, dieses Druckmittel zum geeigneten Zeitpunkt beim Kunden ins Gespräch zu bringen.

Der Kunde muss einkalkulieren, dass es in Grenzfällen für ihn schwierig laufen kann, einen Eintrag schnell wieder rückgängig zu machen, selbst wenn der Eintrag entgegen strengen gesetzlichen Vorgaben zustande gekommen ist. Und gerade bei Menschen, die sich in irgendeiner Änderung ihrer Wirtschaftsverhältnisse befinden, kann ein ungünstiger Eintrag wichtige Möglichkeiten irreparabel zerstören. Der Betroffene bemerkt womöglich erst spät den wahren Grund, warum er auf unerklärliche Ablehnungen gestoßen ist:  bei einer Stellenbewerbung, bei einer Mietwohnungssuche, bei einer Girokontoeröffnung, beim Online-Kauf auf Rechnung, bei Kreditverhand­lungen, beim Beantragen einer Kreditkarte oder beim Leasing eines Smartphones usw.. – Hier spürt der Verbraucher hautnah, dass Willfährigkeit gegenüber dem Ansinnen der Telefonkonzerne zu widerspruchsloser Zahlungsbereitschaft ihre großen Vorteile hat.

Anders als Inhalteanbieter sind Telefonanbieter als "B-Vertragspartner" der Schufa verbunden, sind daher auf Vertragsbasis zu einer Meldung verpflichtet. Zwar darf kein Schufa-Eintrag erfolgen, solange der Schuldner nicht "nach Eintritt der Fälligkeit der Forderung mindestens zweimal schriftlich gemahnt worden ist" (§ 31 Absatz 2 Nr.4a BDSG-2018). Doch Telefonanbieter scheuten sich oft nicht, ihrem Kunden schon mal halb warnend, halb drohend mit dem Schufa-Eintrag zu winken. - Da allerdings bereits die unzulässige Drohung mit einem Schufa-Eintrag ein schwerer Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen ist, dürfte der Gebrauch dieses früher beliebten Drohmittels künftig für Gläubiger wohl ziemlich riskantUm ein pflichtgemäßes Warnen nicht in ein Drohen umschlagen zu lassen, müssen Telefonanbieter den Kunden auf die Eintragungsbarriere ausdrücklich hinweisen, andernfalls führt der fehlerhafte Gebrauch des Druckmittels für Gläubiger leicht zu gerichtlicher Verurteilung im Abmahnverfahren." geworden sein.

Wenn ein Inhalteanbieter auf die Möglichkeit eines Schufa-Eintrags hinweist, ist das regelmäßig Bluff; denn nur Vertragspartner der Schufa können Meldungen an die Schufa vornehmen. und zwar - aus Gründen des Datenschutzes - nur in der Eigenschaft als Gläubiger.

2.3.4     4) Drohung mit Lohn- oder Bankkontopfändung

Natürlich haben Lohn- oder Kontopfändungen einen gerichtlichen Titel zur Voraussetzung, der von Telefonanbietern kaum ohne Kostenrisiko zu erlangen ist. Doch bei unerfahrenen Nutzern zeigt auch ein abstrakter Umgang der Telefonanbieter mit Rechtsbegriffen oft schon Wirkung, besonders in offizieller Aufmachung. So ist verständlich, dass Konzerne Kunden gelegentlich auch mit allzu exponierten, wenn nicht gar falschen Rechtsmeinungen einschüchtern können, indem sie auf die suggestive Wirkung ihrer schieren Größe als Konzern setzen, um Kunden an die Richtigkeit ihrer exponierten Meinungen glauben zu lassen.

2.3.5     5) Vorwurf unehrlichen Verhaltens beim Bestellen

Seitens eines Inhalteanbieters kann auch die Ankündigung wirksam sein, den Vorwurf arglistigen Verhaltens gegen den Kunden zu erheben. Etwa so: Man habe auf der Webseite bereits den Hinweis gegeben, dass die "Leistung nur im Abonnement" erfolgen könne. Diesen Vorwurf werde man dem Gericht vortragen. Daraufhin fühlen sich Kunden verunsichert; denn sie besitzen idR. kein eigengefertigtes ScreenshotUm zu Beweiszwecken den Bildschirm abzufotografieren, müsste der Kunde so früh wie möglich ein weiteres Mal an die gleiche Stelle der Webseite gehen und dann das auf dem Bildschirm angezeigte Bild mit dem Zwischenspeicherbefehl erfassen, es als Bild (z. B. jpg-Datei) abspeichern und aus-drucken. Für geübte Nutzer ist das schnell zu schaffen. von der betrachteten Webseite, um dem Argument der Gegenseite entgegenzutreten.

2.3.6     6) Vorwurf fahrlässigen Verhaltens beim Bestellen

Gern reicht der Telefonanbieter auch den Vorwurf des Inhalteanbieters an den Kunden weiter, dieser hätte bei genügender Aufmerksamkeit bemerken müssen, dass z. B. seine "Angebote nur für Industrie, Handel, Handwerk und Gewerbe" bestimmt und nicht an Verbraucher gerichtet gewesen seien (obwohl fast jeder Inhalteanbieter über einen gewonnenen Kunden froh ist, wenn er die Bestellbedingungen akzeptiert). Daher werde ein Gericht dem Einwand des Kunden, einen fristgerechten Widerruf etwa gegen das Abonnement ausgesprochen zu haben, keine Wirkung beimessen. Das Widerrufsrecht stehe nur Verbrauchern zu. – Doch der Inhalteanbieter konnte erkennen, dass der Kunde faktisch nur als Verbraucher handeln konnte.

2.3.7     7) Drohung mit Kostenverteuerungen

Es kommt auch vor, dass Telefonanbieter auf erhebliche Kostenverteuerungen durch Einschaltung eines Inkassounternehmens hinweisen. Welcher mobile Kunde weiß schon, dass ein Inkassounternehmen an Gebühren nicht mehr berechnen darf als ein Rechtsanwalt? siehe Artikel 2 des Gesetzes gegen unseriöse Geschäfts-
 praktiken vom 1.10.2013 (BGBl. I S. 3714)
Und dass der Anwalt nach der unter Juristen herrschenden Meinung das Inkassoverfahren gar nicht beginnen darf, wenn feststeht, dass dem Schuldner nur mit dem Gerichtsverfahren beizukommen ist und er eindeutig erkennbar zahlungsunwillig ist

2.3.8     8) Verunsicherung des Kunden durch irreführende Rechtsbehauptungen

Nur als Kuriosität kann man es im Übrigen registrieren, was der Onlineverlag teltarif.de im Dezember 2015 berichtete: Gewisse Mobilfunkanbieter "fühlen sich für Beschwerden, die gegen Drittanbieterforderungen gerichtet sind, nicht zuständig. Andererseits fordern sie aber nachdrücklich die Bezahlung der offenen Rechnungen für die Drittanbieter. (...) Man sei nämlich, so lautet eine verbreitete Begründung, gesetzlich oder auch von der Bundesnetzagentur verpflichtet, diese Forderungen einzuziehen. Deshalb soll der Kunde erst mal zahlen und dann zusehen, ob und wie er sich sein Geld von dem Drittanbieter wieder zurückholen kann."


←     voriges Kapitel                                        nächstes Kapitel     →

©dahl 2017