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Gerhard Dahl, Titisee-Neustadt

Telefonkonzerne und ihre Lobby sind Meister 
im Ausschlachten der Kosten- und Abofallen 

  – Von den Drahtziehern, Nutznießern und Beschützern
   der Kostenfallen –

Inhaltsverzeichnis
Gewünschtes Kapitel bitte hierunter anklicken

  1. Einleitung
  2. Grundverschiedene Varianten des Vertriebs von Kleinstprogrammen
  3. Kostenfallen gedeihen nur in der Regie und unter den Drohpoten-zialen der Telefonkonzerne
  4. Rechts- und Vertragsverstöße mancher Telefonkonzerne ziehen unser Recht in Mitleidenschaft
  5. Das geschundene und 'zerklüftete' Recht im Mobilfunksektor
  6. Arbeitsspuren und Erfolge der Telefon-Lobby im Mobilfunk­bereich
  7. Das Strafrecht und die Beihilfe zum Betrug
  8. Ein vom Gesetz stark verzerrter Wettbewerb beim Vertrieb der Kleinstprogramme als Nähr- boden für 'Schmuddelecken'
  9. Das Verhindern von Kostenfallen obliegt dem Wettbewerbsrecht
  10. Der Gesetzgeber belässt es bisher beim bloßen Eindämmen der Kosten- und Abofallen
  11. Gesetzesvorschlag, um Anreize
    für ein Tricksen zum Versiegen
    zu bringen
  12. Anhang 1: Wie befreie ich mich aus einer Kostenfalle, wenn ich mir ziemlich sicher bin, willentlich keinen Bestell-Button des Dienst-leisters angeklickt zu haben?
  13. Anhang 2: Die zwei Varianten der Kosten- und Abofallen
  14. Impressum   Datenschutz

1   Grundverschiedene Varianten des
P   Vertriebs von Kleinstprogrammen


1.1  Das Handikap des Kleinprogrammverkäufers (Inhalteanbieters):  Er kann
    für seinen Zahlungseingang dem Kunden entweder nur einen Zahlungs-
    mittler vorschlagen oder muss mit dem Telefonanbieter kooperieren
1.2  Der große Unterschied zwischen dem Inkasso-Konzept der freien
    Zahlungsmittler und dem Telefonanbieter-Konzept des Forderungskaufs
1.3  Das Konzept des Forderungskaufs - eine Bewertung der Geschäftsstrategie
    der Telefonanbieter
1.4  Die nicht zwangsläufigen geschäftlichen Einbußen des Inhalteanbieters bei
    Kunden, die eine "Drittanbietersperre" eingerichtet haben

1.1   Das Handikap des Kleinprogrammverkäufers (Inhalte­anbieters):
    Er kann für seinen Zahlungseingang dem Kunden entweder nur  
    einen Zahlungsmittler vorschlagen oder muss mit dem  
    Telefonanbieter kooperieren

   (a)    Der Programmverkäufer (Inhalteanbieter) in der Klemme
Nicht das Programieren erfinderischer Ideen ist der Knackpunkt im Beruf des Inhalteanbieters, sondern die schließliche Vermarktung der entwickelten Kleinstprogramme, genauer: der Einzug der vereinbarten Kaufpreise für die Kleinstprogramme mit ihrer winzigen Betragsgröße. Das ist gleichsam das Nadelöhr. Denn typische Kleinbeträge "auf Rechnung" lassen sich von Einmalkunden einfach nicht erfolgreich einsammeln. Wo es um Kleinigkeiten geht, haben Kunden ein dickes Fell. Und eine winzige Vorauszahlung auf ein Bankkonto kann man einem Kunden erst recht nicht ansinnen. Ein solcher Vorauszahlungsmodus würde das Angebot verderben, mag er auch bei größeren Bestellobjekten die beste Lösung sein. Die Entgelte für die verführerischen Kleinstprogramme betragen so zwischen 0,99 € und 8,99 €, meist um 2,99 bis 4,99 €. Wer wollte da als Geschäftsmann schon "mit Kanonen auf Spatzen schießen" und sich auf kostspielige Mahnbriefe einlassen? Keinem Kunden kann man unter diesen Voraussetzungen durch Androhen mit Anwalt und Gericht einen Schrecken einjagen.

Handelt es sich zwar um ein 2-Jahres-Abonnement für monatlich z. B. 4,99 €, so behelfen sich manche Inhalteanbieter damit, dass sie gleich mit der ersten Zahlung die Raten der ersten zwölf Monate mit rund 60,00 € zur Abbuchung zu bringen suchen. - Doch meist kommen nur einzelne Zahlungsfälligkeiten von jeweils unter 5 € Den Jahresumsatz auf dem deutschsprachigen Mobilfunkmarkt mit solchen Kleinstprogrammen kann man kaum aussagekräftig schätzen, vielleicht erreicht er 120 Mio. €. Ein bestimmter, nicht zu großer Prozentsatz der Nutzer bedient sich regelmäßig am Markt der kostenpflichtigen (werbefreien) Kleinstprogramme. Die Mehrzahl belässt es nämlich bei Gratisprogrammen mit Werbung. zustande.

   (b)    Die Abbuchung über eine Abbuchungsermächtigung bleibt die einzige Lösung
Der Inhalteanbieter steht also in der Tat vor einem echten Problem, das sogar sein Geschäftsmodell ruinieren würde, fände er nicht zu einer Kooperation mit Unternehmern, die schon aus anderen Gründen einen finanziellen "Draht" zu den Interessenten von Kleinstprogrammen besitzen. Für den Inhalteanbieter kann die Lösung nur sein, entweder (a) einen ZahlungsmittlerErläutert wird dieser Ausdruck oben in Abschnitt 0.3:
"Nötige Kurzbegriffe vorab".
 
mit schon bestehendem Zahlungskontakt zum Kunden einzuschalten oder (b) die Entgeltforderung im Ganzen an den Telefonanbieter des Kunden zu verkaufen.

(1) Der Zahlungsmittler ist oft schon wegen anderweitiger Online-Wareneinkäufe des Kunden engagiert und hat bereits eine generelle Abbuchungsermächtigung des Kunden, kann also auf der Stelle ggf. garantieren, dass die Zahlung beim Inhalteanbieter sofort eingehen wird, so dass dieser auch umgehend mit seiner Dienstleistung beginnen kann.

(2)  Und der Telefonanbieter könnte, wenn er wollte, ebenfalls wie ein Zahlungsmittler dem Inhalteanbieter das Inkasso für den Einzug der Forderung anbieten. Doch am bloßen Zahlungseinzug ist nicht viel zu verdienen. Er weiß es daher so einzurichten, dass er durch Ankauf und Verwertung der Entgeltforderung mit Sicherheit das Vielfache der Inkasso-Provision erhält. Es sind gerade die gesetzlich nur den Telefonanbietern eingeräumten Privilegien (siehe unter Kap. X), die ihn befähigen, solche Forderungsankäufe und Verwertungen mit höchster ökonomischer Effizienz durchzuziehen.

Was allerdings das Aufbuchen der Entgeltforderung auf das Gesprächsgebührenkonto beim Telefonanbieter angeht, hat inzwischen möglicherweise jeder sechste Kunde sein Smartphone mit der "Drittanbietersperre Es geht um die vom Nutzer ausgeübte Option nach § 45d Abs.3
 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) – Zum Wortlaut siehe ↗ https://www.buzer.de/gesetz/6833/a148907.htm. – Diese Sperre bedeutet rechtlich das an den Telefonanbieter gerichtete Verbot, die automatische Identifizierbarkeit des Mobilfunkteil-nehmers dafür zu nutzen, ein bankmäßiges Geschäft neben der telefonischen Verbindungsleistung für den Teilnehmer zu betreiben.
 
" blockieren lassen. Damit hat der Mobilfunkanbieter in solchen Fällen des Einzugs separater Forderungen vorerst seine privilegierten Möglichkeiten eingebüßt. Es gelingt ihm dann nicht mehr, die unauffällig kleinen Entgeltforderungen "geräuschlos" mit in die monatlichen SEPA-Lastschriftabbuchungen einzuschleusen und "still" für sich mit abbuchen zu lassen. Er steht dann nicht besser da als ein gewöhnlicher Geschäftsmann mit einer offenen Kleinbetragsforderung und kann dann sogar mit den Zahlungsmittlern und ihren erlangten Abbuchungsermächtigungen nicht mithalten.

   (c)    Freie Zahlungsmittler könnten den Inhalteanbieter aus seiner Abhängigkeit vom
        Telefonanbieter befreien

In den Fällen, in denen die "Drittanbietersperre" greift, könnten die Zahlungsmittler (z. B. "PayPal"PayPal ist ein US-amerikanisches Unternehmen. Ein selbstherr-liches Agieren der Geschäftsführung darf daher nicht über-raschen. PayPal ist, wenn es hart auf hart kommt, in Deutsch-land rechtlich nicht zu greifen. Kurzfristiges Geldverdienen steht an oberster Stelle. Zur angeblichen Wertlosigkeit des PayPal-Käuferschutzes für Käufer wie Verkäufer siehe die massenhaften ärgerlichen Erfahrungen einer Anwaltskanzlei unter
↗ http://www.it-recht-kanzlei.de/viewComment.php?nid=2160
, "Paydirekt"Paydirekt rückt anders als PayPal rückzahlpflichtiges Geld umgehend wieder an den Kunden heraus, während PayPal mogelt und dem Kunden eine "Rückzahlung" verspricht, es aber stets bei einer internen Gutschrift belässt und hierbei scheinheilig von erfolgter "Rückzahlung" redet. Ferner bleiben nur bei Paydirekt die Kontodaten bei der Bank des Kunden, gelangen also nicht in die geschäftliche Nähe zum Inhalte­anbieter (Händler). oder "GiroPay") das Forderungskaufkonzept der Telefon-konzerne zum Erliegen bringen und selber das freiwerdende Feld des Inkassos besetzen, soweit die Inhalteanbieter dabei mitspielten. Es bietet sich in diesen Fällen den Inhalteanbietern nicht mehr der Verkauf der Entgeltforderung an den Telefonanbieter an, so dass sie dem Interessenten nur ein oder zwei Spezialisten Am Markt sind sehr viele derartige Zahlungsmittler aktiv für Zahlungs­vermittlung vorzuschlagen brauchten, um auch bei Vorliegen der Sperre Bestellungen zu erhalten. Solche Zahlungsmittler stehen dann natürlich am besten da, wenn sie die nötige (generelle) Abbuchungsvollmacht nicht erst aus Anlass der Kleinbestellung sich vom Kunden erteilen lassen müssen.

Mit oder ohne "Drittanbietersperre" – eine Minizahlung kann in jedem Fall nur über eine Bankabbuchung erbracht werden, sei es durch einen Zahlungsmittler, sei es eben durch den Telefonanbieter, der den Betrag natürlich am liebsten mit über das bestehende Gesprächs­gebühren­konto einziehen würde. Sollten Telefonanbieter aber versuchen, diejenigen Inhalteanbieter zu diskriminieren, die sich auch für den Zahlungseinzug durch Zahlungsmittler entscheiden, wäre das ein grober wettbewerbs­rechtlicher Verstoß und müsste von der Kartellaufsicht geahndet werden. Es muss möglich sein, dass künftig auch Zahlungsmittler erfolgreich bei Kleinst­programm-Anbietern ihren transparenten Zahlungseinzug betreiben, um ihn für mobile Kunden zu besorgen und dass mobile Kunden nicht länger gezwungen sind, die gegenwärtige intransparente Abbuchungspraxis hinzunehmen.

Was die Zügigkeit Der Kunde erhält von seinem Bankinstitut kostenlos sowohl eine 'Banking-App' als auch die 'Push-TAN-App' gestellt. Mit diesen zwei Programmen auf seinem Handy kann er nach Vorbereitung der Zahlung durch den Zahlungsmittler über ein beliebiges, auch ungesichertes WLAN völlig abgesichert seine Kontonummer samt Passwort mobil eingeben und den auf der TAN-App im Handumdrehen generierten Code an die Bank abschicken. der fallweisen Einschaltung des Zahlungsmittlers beim Einkaufen angeht, so ist das Verfahren gut eingespielt und wird vom mobilen Kunden kaum als zeitaufwändig empfunden.

Der Außenstehende mag nun vermuten, dass die zwei Varianten des Geldeinzugs (1) über freie Zahlungsmittler oder (2) über den die Mobilfunklizenz gewährenden Telefonanbieter sich nur im Äußerlich-Technischen unterscheiden. Tatsächlich aber haben wir es hier mit zwei grundverschiedenen Geschäftsmodellen zu tun. Daher müssen wir uns mit ihnen und ihren Unterschieden näher befassen.

1.2    Der große Unterschied zwischen dem Inkasso-Konzept der
   freien Zahlungsmittler und dem Telefonanbieter-Konzept des
     Forderungskaufs

(1)  Der vom Kunden ausgewählte freie Zahlungsmittler arbeitet unter der Regie des Kunden, nicht unter der des Inhalteanbieters. Denn um bei nächster Gelegenheit vom gleichen Kunden wieder als Inkassodienstleister gewählt und engagiert zu werden, sucht der Zahlungsmittler naturgemäß seine Leistung für den Kunden zu optimieren. Dieses Verhalten lässt sich unmittelbar daran ablesen, dass der Kunde unaufgefordert lückenlos und übersichtlich alle Bestelldaten aus der Hand des Zahlungsmittlers erhält, die der Inhalteanbieter dem Zahlungsmittler von sich aus zur Verfügung stellt, um künftig nicht weiter mit Rückfragen behelligt zu werden. Und die Art der Abrechnung des Zahlungsmittlers ist erfahrungsgemäß auffallend transparent. Der Kunde ist dadurch sofort im Bilde, was er bei wem zu welchem Preis und ggf. mit welchen Abo-Raten bestellt hat.

Da es der Kunde ist, der den Zahlungsmittler unter Vertrag genommen hat, liegt dem Zahlungsmittler primär an einer Zufriedenheit und Treue dieses Kunden. Er übersendet dem Kunden für jeden einzelnen Bestellvorgang eine Bestellungsabrechnung per E-Mail, so dass der Kunde über das Bestell- und Zahlungsgeschehen stets vollständig informiert ist. Er unterstützt so den Kunden mittelbar beim Prüfen der gemachten Bestellung und ggf. beim Zustandekommen fälliger Rückzahlungen. Überdies ermöglicht die enge Zeitnähe zwischen Bestellung und Abrechnung dem Kunden eine gute Wiedererkenn­barkeit der Bestellung. Das verhindert, dass Erinnerungsschwächen beim Kunden das Prüfen und Beanstanden des Bestellvorgangs beeinträchtigen. Die Möglichkeit, den Kunden mit gefälschten Rechnungen "abzuzocken", sind verständlicherweise extrem gering, wenn der Kunde das ganze Bestellgeschehen nachträglich gut überblickt.

(2)  Ganz anders ist demgegenüber das Geschäftsmodell des Telefonanbieters angelegt. Hier führt der Inhalteanbieter nur über die kurze Phase der Bestellerfassung noch selbst Regie. Danach entfällt für ihn die Notwendigkeit, einen den Zahlungseinzug betreibenden Zahlungsmittler einzuschalten, da der Telefonanbieter als Käufer der einzuziehenden Entgeltforderung auf den Plan tritt und die Forderung rechtlichZur Abgrenzung der Verwertung einer
gekauften Forderung von der Geschäfts-
besorgung des Forderungs-Inkassos siehe
das künftige Kapitel 4.2 im 2. Absatz.
sogleich an sich abtreten lässt.

Sobald der Kauf der Entgeltforderung beim Telefonanbieter erfolgt ist – wodurch der Telefonanbieter im Regelfall in den Besitz aller Vertragsinformationen § 402 BGB wird gewöhnlich dahin ausgelegt, dass der neue Gläubiger gegen den alten Gläubiger Anspruch auf Auskunft über alle Umstände hat, soweit sie zur Geltendmachung der Forderung nötig sind oder in absehbarer Weise nötig werden. kommt –, ist er es, der für den Umgang mit dem Kunden die weitere Gangart vorgibt. Und der Inhalteanbieter sieht keinen Grund, dem Kunden wenigstens noch eine Bestellabrechnung zu mailen. Zuweilen ist er für den Kunden gar nicht mehr über eine Adresse auffindbar. Ihm zählt der Kunde ohnehin als "Laufkunde", der nur einmal auftaucht. Daher ist ihm an einem weiteren Kontakt meistens nicht gelegen. Er bucht abschließend die Kundenforderung vereinbarungsgemäß direkt auf das Gebührenkonto beim Telefonanbieter auf, das dieser für den Kunden führt. Den Nettopreis schreibt ihm der Telefonanbieter gut. – Damit ist der Inhalteanbieter so gut wie aus dem Rennen.

Insgesamt betrachtet ist der Inhalteanbieter der ideale Zuarbeiter für den Telefonanbieter, der seinerseits all die Taktiken gegen den Kunden (siehe Kapitel 1.3) nicht ausspielen könnte, wären sie ihm nicht vom Inhalteanbieter mühelos "anpräpariert" worden. Würde der Inhalteanbieter hingegen den Kunden per E-Mail zu allen Vertragsdetails korrekt unterrichten, verlöre der Telefonanbieter das Interesse an dem Einkaufskontakt; denn die Aussicht, Erlöse aus angefochtenen oder anfechtbaren Forderungen zu erzielen, würde ihm dank der Informiertheit und Aufmerksamkeit des Kunden entgleiten. Und vom Inhalteanbieter wäre ein Preis für den Verkauf solcher Kundenforderung nicht mehr erzielbar, ihm bliebe nur der Ausweg, einen Zahlungsmittler nach Wahl des Kunden für den Geldeinzug einzuschalten - so überhaupt der Kunden einen schon engagierten Zahlungsmittler benennen kann.

1.3   Das Konzept des Forderungskaufs —
    eine Bewertung der Geschäftsstrategie der  Telefonanbieter

Das Konzept des Forderungskaufs zeichnet sich durch drei auffällige Charakteristika aus:

(1.) Die Methode des Forderungseinzugs besteht aus einer "kommunikationskargen", eher technischen Abwicklung des Zahlungsgeschäfts, das sich möglichst in maschineller Routine erschöpfen soll und zum Kunden jegliche Kontaktaufnahme meidet. Es soll kein Wenn-und-Aber, kein Mäkeln und Beanstanden durch den Kunden beim möglichst glatten Durchziehen des Geldtransfers geben. Daher werden der Austausch von Informationen und das Vorbringen und Beantworten von Beanstandungen so weit wie irgend möglich von den Telefonanbietern unterdrückt.

Der Grund dafür ist aber weniger der simple Sparwille bezüglich der Personalkosten. Vielmehr erklärt sich das rigorose Zurückhalten von Bestellinformationen und das beharrliche Verweigern sachbezogener Stellungnahmen zu Einwendungen des Kunden zum einen aus der Winzigkeit des einzelnen Geschäftsgegenstands, der - aus Sicht der Konzerne - ökonomisch anscheinend kein regelrechtes Streitdiskutieren verträgt, und zum anderen aus der Komplexität digitaler Vertragsdokumente. Deren elektronische Grundlagen können nur von Fachleuten verstanden, nur zeitaufwändig gegen Manipulationen gesichert und beweismäßig aufbereitet werden. Eigenmächtig im Sinne einer nicht durch vertragliche Absprachen gelenkten
 Willensbildung
sucht daher der Telefonanbieter seinen Geschäftsstil durch wortkarges Beim Prepaidverfahrens, bei dem nicht auf Rechnung telefoniert, sondern ein eingezahltes Gebührenguthaben abtelefoniert wird, kann der Kunde nur am Sinken des Gut-habenstands erkennen, was ihm jeweils abgebucht worden ist. Alles bleibt intransparent,es gibt weder einen Kontoauszug noch eine Gebührenaufstellung, was technisch ohne Weiteres machbar wäre. geschäftliches Auftreten durchzusetzen und den mobilen Kunden möglichst auf ein Stillehalten und Nichtbeanstanden festzulegen.

(2.) Auf gleicher Linie liegt beim Telefonanbieter das Unterlassen der Prüfung der gekauften Entgeltforderungen auf ihre Rechtmäßigkeit. Telefonanbieter pflegen von einem voraufgehenden (stichprobenweisen) Prüfen ihrer beschafften Forderungen abzusehen, obwohl sich erfahrungsgemäß ein nicht unbeträchtlicher Anteil getrickster und gefälschter Entgeltforderungen darunter befindet. Denn sie würden sich damit ein umfangreiches Ausfiltern aufhalsen und zugleich ihre Aussicht beschneiden, das Risiko der Wertlosigkeit der Entgeltforderung faktisch dem bestellenden Kunde aufzubürden. Äußerlich betrachtet verhalten sich Telefonanbieter damit wie Hehler, die auch vermeiden, nach dem Woher des Diebesguts zu fragen und einem Verdacht auf unredliche Herkunft der Produkte nachzugehen.

(3.) Ein Operieren hinter dem Rücken des Kunden herrscht auch beim wortlosen Einfädeln des Handels- und Verwertungsgeschäfts mit gekauften Entgeltforderungen. Je dubioser eine Entgeltforderung ist, desto irreführender verhält sich aber ein Forderungskäufer, der sich gegenüber dem Kunden bis zuletzt über den erfolgten Kauf einer zwielichtigen Forderung ausschweigt; denn er macht den Schuldner glauben, mit der Forderung habe alles seine Richtigkeit. Ein aufrichtiger Käufer würde vielmehr befürchten, sich dem Verdacht der Mittäterschaft auszusetzen. Um solchem Verdacht vorzubeugen, würde er beim Schuldner um Zustimmung zu seinem Kauf anfragen und solche Anfrage nur unterlassen, wenn er sich ganz sicher ist, dass der Schuldner keine Gründe für Einwendungen gegen die Forderung oder ihre Fälligkeit haben kann.

Unsere Telefonanbieter handhaben das anders. Sie wissen zwar, dass sie es nicht verhindern, dass ihnen laufend auch dubiose und rechtswidrige Forderungen von Drittanbietern präsentiert werden. Dennoch ziehen sie es vor, auch in solche Geschäfte mit einzusteigen und bereits die gelegentlich negativ aufgefallenen Inhalteanbieter nicht von vornherein auf eine Schwarze Liste zu setzen. Anders kann man sich die Beharrlichkeit der Telefonanbieter nicht erklären, weshalb sie soviel Energie darein setzen, den glaubwürdigen Beanstandungen seitens ihrer Kunden nicht nachgehen zu müssen. Unausgesprochen wollen Telefonanbieter die Forderung zum vollen Nennwert einlösen, und die Kunden sollen mithin das Risiko einer gefälschten Forderungs­rechnung ausbaden.

Man braucht nur zu schauen, wie Telefonanbieter bei Neuabschlüssen von Mobilfunkverträgen mit ihrem Verlangen umgehen, ihren neuen Kunden eine pauschale Zustimmung zu künftigen Ankäufen fremder Entgeltforderungen unterschreiben zu lassen. Telefonanbieter verkneifen es sich nämlich lieber, beim Neuabschluss eines Mobilfunk-Vertrages in den leseleichten, zur Unterschrift vorgelegten Vertragstext sichtbar auch solche Nebengeschäfts-Klausel mit aufzunehmen, eine Klausel, die den Telefonanbieter berechtigt, von ihm aufgekaufte fremdartige Entgeltforderungen ohne Klärung der Rechtmäßigkeit wie eine Telefongebühr abzubuchen. Daraus kann man schließen, dass Telefonanbieter sich sehr wohl des Unbehagens ihrer Neukunden bewusst sind. Kein Kunde will einem Geschäft blanko zustimmen, von dem er gar nicht überblicken kann, wozu solche Zustimmung mit in das Basisgeschäft der Gesprächs­vermittlungen einbezogen werden soll und warum eine Zustimmung nicht solange Zeit hat, bis es zu einem konkreten Anlass kommt und solches Nebengeschäft tatsächlich auch auf Solidität geprüft werden kann.

Wie kommen Telefonanbieter mit der Abneigung der Kunden gegen eine Nebengeschäfts-Klausel klar?

Sie setzen an die Stelle vertraglicher Zustimmung ausnahmslos ihre Art von "Hausrecht", d. h. sie sind zu künftig eigenmächtigem Vorgehen entschlossen und übergehen einfach das Thema der Kundenzustimmung zu künftigen Forderungs-Separatgeschäften beim Vertragsabschluss.

Dazu Rechtsanwalt Thomas Hollweck: «Die Mobilfunkanbieter handhaben das so, dass sie in die 'Allgemeinen Geschäftsbedingungen' (kurz 'AGBs', oder das 'Kleingedruckte') Regelungen aufnehmen, die genau das erlauben. Dort steht dann beispielsweise, dass über die Handyrechnung Leistungen von anderen Unternehmen (Drittanbietern) abgerechnet werden dürfen. Der Kunde erfährt davon in aller Regel nichts, denn bei Vertragsschluss liest er das Kleingedruckte nicht. Ihm sind lediglich die ein oder zwei Seiten des Hauptvertrages bekannt. Würde dort groß und deutlich stehen, dass der Mobilfunkanbieter Dienste von Fremd-/Drittanbietern und von Premiumdiensten abrechnen darf, so wäre der Kunde gewarnt. (...)   (...) Es handelt sich hierbei um für den Vertragsschluss so wesentliche und wichtige Regelungen, dass diese im Hauptvertrag stehen müssten. Befinden sich die Drittanbieter-Regelungen aber nur im Kleingedruckten, so sind diese nicht wirksam in den Mobilfunkvertrag mitaufgenommen.» (Zitat-Ende)

Da mobile Kunden solche Vorgehensweise oft zu Recht als treuwidrig empfinden, fühlen sie sich davon zwar abgestoßen. Sie müssen die Eigenmächtigkeiten ihrer Anbieter aber angesichts einer gleichförmigen Arbeitsweise der Mobilfunker über sich ergehen lassen. Im Fall einer gerichtlichen Beurteilung der Vertragsgrundlage eines Mobilfunkanbieters käme § 242 BGB ins Spiel, der verhindert, dass sich einer der Geschäftspartner bei der Vertragsabwicklung seine eigenen Maßstäbe setzt, statt sich nach Treu und Glauben an die unausgesprochenen relevanten Wertungen und nachvoll­ziehbaren gemeinsamen Parteierwartungen zu halten.

Interessenkollision wird einfach ignoriert

Der Telefonanbieter verhält sich so, als erkenne er überhaupt keinen Grund für die von ihm ausgelöste Interessenkollision zwischen seiner auf Dauer angelegten, aus den Gesprächsverbindungen rührenden Vertragsbeziehung und seiner Einmalleistung des eigennützigen Geldeinzugs. Vertrauensvoll räumt der Kunde für den Einzug der Gesprächsgebühren die Bankabbuchung ungeprüfter, tarifierter Telefongebühren ein. Der Telefonanbieter missbraucht diese Abbuchungsermächtigung für den Einzug prüfbedürftiger, nicht tarifierter Separatentgelte; denn er will sich ohne vertragliche Absprache so früh wie möglich in die vorteilhafte Ausgangslage geschaffener "vollendeter Vollendete Tatsachen können nicht nur bewirken, dass sich ein Beklagter in der Rolle, selber klagen zu müssen, wiederfindet, sie können im Fall zustimmungslosen Handelns Minderjähriger auch bedeuten, dass sich der Geldeinzieher auf den Taschen-geld-Paragrafen (§ 110 BGB) beruft und erklärt, die Zahlung sei aus bereits überlassenen Mitteln erfolgt. Somit sei die Bestel-lung genehmigt worden. Tatsachen" bringen.

Die erteilte Abbuchungsermächtigung ist also missbrauchsgefährdet, und wegen dieser Verletzbarkeit bedarf der Kunde des interessewahrenden Verhaltens (§ 241 Abs.2 BGB) der Gegenpartei.

1.4    Die nicht zwangsläufigen geschäftlichen Einbußen des  
     Inhalteanbieters bei Kunden, die eine "Drittanbieter-
     sperre" eingerichtet haben

Haben Kunden das Abrechnen von Nebenentgelten über das Gebühreneinzugskonto ihres Telefonanbieters gesperrtHierbei handelt es sich um die nach § 45d Abs.3 TKG beim Mobilfunkanbieter eingerichtete Sperre, die meist "Dritt-anbietersperre" genannt wird, weil der Inhalteanbieter als "Dritter" beim Telefonanbieter ausgesperrt wird., dann werden Inhalteanbieter die hierdurch vereitelte Kooperation mit dem Telefonanbieter zunächst als gravierenden Nachteil empfinden. Ohnehin hängt das Geschäftsmodell der Inhalteanbieter ständig an dem seidenen Faden der Kooperation mit irgendeinem Partner für den Vertrieb (Zahlungseinzug). Sobald sich künftig ein Telefonanbieter finden sollte, der es dem Inhalteanbieter trotz eingerichteter Sperre wieder ermöglicht, ausnahmsweise die "Drittanbietersperre" zu unterlaufen, weil der Kunde für Einzelfälle die Sperre zurückgenommen hat, werden Inhalteanbieter sofort wieder von diesem Vertriebsweg Gebrauch machen. Denn wie schon beschrieben, vereint Inhalteanbieter und Telefonanbieter das gleichgerichtete Interesse daran, den Einzug des angeklickten Kaufpreises "ohne Wenn-und-Aber" durchzuziehen, wenn auch unter Inkaufnahme heftiger Unmutsäußerungen oder gelegentlich lauter Anklagen der Kunden.

Bei der rigorosen Arbeitsweise des Telefonanbieters kommt für den Inhalteanbieter weit mehr in der Kooperation mit dem Telefonanbieter herum als in einer Kooperation mit einem Zahlungsmittler, da der Telefonanbieter es sich leisten kann, eine überraschend große Zahl an taktischen Manövern zu fahren, um "Fährnisse" auf dem Weg zur unangefochtenen Gutschrift zum vollen Nennwert mit Erfolg zu überstehen, während ein Zahlungsmittler keinen Grund hat, für den Inhalteanbieter überhaupt das Beanstan­dungsrisiko der Entgeltforderung abzusenken. Was die Durchsetzungsfähigkeit gegenüber Kunden angeht, übertrifft der Telefonanbieter also den Zahlungsmittler um Längen und kann so für den Inhalteanbieter und sich selbst weit mehr aus einer Entgeltforderung herausholen, insbesondere wenn sie als anfechtbar erscheint.

Das vorteilhafte Operieren hinter dem Rücken des Kunden und die regelmäßigen Eigenmächtigkeiten und Bevormundungen, die den Telefonanbietern im Anschluss an den Kauf der separaten Entgeltforderungen eigen sind, können wir beispielhaft an dieser Stelle kurz auflisten:

1   Verheimlichen der eigenen Absicht, zu Lasten des Kunden die angekaufte Entgeltforderung so lukrativ wie möglich auszuschlachten.

2   Unterlassen eines Avis der hinzugebuchten Forderung beim mobilen Kunden, der somit nicht zeitnah, sondern bis zu einem Monat später von der Zubuchung auf das Konto erfährt.

3  Das Einschleusen der separaten Entgeltforderung in eine den Verbindungsgebühren vorbehaltene Monats­rechnung.

4  Unterlassen eines Kurzhinweises in der Begleit-E-Mail zur Monats-rechnung, wenn eine Rechnung einen (mutmaßlich prüfbedürftigen) separaten Rechnungsbetrag enthält.

5   Einstellen der Monatsrechnung in die nicht leicht zugängliche und nicht voll einsehbare Datenbank im Kundenzentrum (online) statt eines Zugriffs auf den Rechnungsinhalt über einen automatisierten Direktpfad - wann immer der unter "4" genannte praktische Kurzhinweis unterbleibt.

6  Unterlassen von Informationen zur Erläuterung Auf das Problem der in das Telekommunikationsgesetz einge­bauten Privilegien für Telefonanbieter werde ich im Kapitel 5 zu sprechen kommen. des konkreten Vertrags­gegenstands, der dem separaten Rechnungsbetrag auf der Monats­rechnung zugrunde liegt. Dem Kunden soll das Wiedererkennen  In den Anfangsjahren des Einzugs von Separatforderungen beschränkten sich manche Telefonanbieter sogar auf die bloße Angabe ominöser Kurzziffern zur Beschreibung des Abbuchungs­vorgangs, um den Kunden gänzlich zu desorientieren. Der angegebene Belastungsgrund beschränkte sich also auf die Mitteilung einer einzigen Nummer. Man verwies auf eine irgendwo abgelegte Namensliste von Inhalteanbietern. des Vorgangs erschwert werden.

7   Prinzipielles, rechtlich unzulässiges Verweisen des Kunden mit seiner Rechnungsbeanstandung an den inzwischen unzuständigen fremden Inhalte­anbieter (Verkäufer der Forderung).

8   Einschleusen der separaten Entgeltforderung mit in das SEPA-Lastschriftverfahren, das von der Sache her nur nicht-prüfbedürftigen Gebühren vorbehalten ist.

9   Erheben eines Rücklastschriftentgelts zur weiteren Kostenvermehrung im Fall des Widerrufs der SEPA-Lastschrift, für die aber der Anbieter die Ursache gesetzt hat.

Es gibt andererseits unter allen Arbeitsweisen der Telefonanbieter keine erkennbare Maßnahme, die man auch mal als gewisse freundliche Hilfestellung für den Kunden auslegen könnte - jedenfalls wenn man davon absieht, dass praktizierte Eigenmächtigkeiten gern verdeckt werden hinter herausgestellten Freundlichkeiten der Mitarbeiter. Das Konzept der Mobilfunkanbieter für ihre Vorgehensweise ist offenbar bis ins Kleinste durchdacht und wird zielstrebig angewendet. Ist schon das fast informationslose Durchziehen des Geldtransfers darauf angelegt, vor dem Kunden das Nicht-sichtbar-Werden des separaten Entgeltvorgangs sicherzustellen, so zielen die aufgezählten Taktiken zusätzlich darauf, den Kunden resignieren zu lassen, sei es beim Prüfen der aufgedeckten Vorgänge, sei es beim Verfolgen der festgestellten Anfechtungsgründe.

Die 'Drittanbietersperre' ist nur gegen Telefonanbieter gerichtet. Zahlungsmittler sind von ihr nicht betroffen. Zahlungsmittler buchen keine Forderungen beim Kunden ab, die sie hinter dem Rücken des Kunden ausfindig gemacht haben. Die 'Drittanbietersperre' schränkt daher ihren Aktionsradius nicht ein. Sollten die Inhalteanbieter künftig für den Vertrieb ihrer Kleinstprogramme notgedrungen Zahlungsmittler einschalten, die den Zahlungseinzug nur auf Basis freier Vereinbarungen mit Kunden betreiben, so würde dies die gehandikapten Telefonanbieter zwingen, künftig ebenfalls auf Basis eines freiwillig vereinbarten Inkassos tätig zu werden. Den Kostenfallen der Telefonanbieter wäre so der Nährboden entzogen.

Im Übrigen trifft nicht zu, wie immer wieder erklärt wird, dass unter der 'Drittanbietersperre' auch all die zahllosen "seriösen" Kleinstprogramm-Anbieter, die z. B. im Bereich von Parkgebühren, Fahrkarten, Tagesnachrichten usw. tätig sind, leiden müssen. Freiwillig vereinbarte Abbuchungsvereinbarungen und eingerichtete 'Dritt­anbietersperren' schließen einander nicht aus. Werden den Telefonanbietern endlich für ihre Forderungskäufe die gesetzlichen Privilegien genommen, können sich erstmals die Zahlungsmittler im Wettbewerb mit den Telefonanbietern behaupten.


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